Budo ist der Oberbegriff aller Wege (Do), die sich aus den japanischen Kriegskünsten (Bujutsu) ableiten. Im einzelnen besteht er aus vielen Systemen (Judo / Kendo / Karate-do / Kyudo / Aikido usw.), in deren Bezeichnung jeweils der Begriff Do enthalten ist. Damit wird deutlich, dass die Kampftechnik nicht zum Selbstzweck geübt wird, sondern dem höheren Ideal des Weges dient, worauf ich noch näher eingehen werde. Alle Budo-Künste entstammen der Tradition und werden nur in Verbindung mit ihr weitergegeben. Erst das Studium der Tradition bereichert die Technik und hilft der Übung einen tieferen Sinn zu geben. Aus der Tradition wurden seit altersher Verhaltensregeln überliefert, die der Disziplinierung des Geistes dienen. Als tödliche Kampfmethoden haben sich die Techniken des Bujutsi über Jahrhunderte hinweg entwickelt, doch erst durch ihre Verbindung zur Zen-Philosophie (Anfang des 17.Jahrhunderts - japanisch zen = Meditation) erhielten sie einen ethischen Gehalt und konnten so zum Budo (Weg des Kriegers) werden.
Do bezeichnet ein Prinzip der asiatischen Weltanschauung und stammt aus dem japanischen Zen-Buddhismus. Übersetzt bedeutet der Begriff Weg, Pfad, Grundsatz, Lehre, Philosophie, Richtung, Prinzip, Methode etc.. Do ist ein Weg, in dessen Zentrum eine Übung einer Form steht, deren Ziel jedoch nicht das Erlernen irgendeiner Fertigkeit, sondern das im Menschen liegende Potential ist. Do ist nicht ausschließlich Japanisch, sondern ein allgemein menschliches Anliegen, welche allen Kulturen bekannt ist.
Alle echten Wege sprechen nur den einzelnen an. Überall dort, wo ein Mensch die Erkenntnis lebte, dass Sein kein Selbstzweck ist, sondern einen Sinn in sich birgt, entstand auch die Möglichkeit zu einem Weg. Dort, wo einzelne erkannten, dass die Steigerung menschlicher Fähigkeit nie eine Form als Ziel anstrebt, sondern ein Mittel zur Selbstfindung ist, wurde der Weg entdeckt, der die Entwicklung menschlicher Werte ermöglicht, der Weg zum Ideal.
So ist auch im Budo nicht die Form, sondern der Weg, der die Fähigkeit des Menschen zum Sinn bewirkt. Die bloße Perfektion der Form ohne den Weg führt zum Sinnverlust.
Das Streben nach Perfektion kann von zwei verschiedenen Haltungen beeinflußt sein: vom Bemühen um eine äußere Form oder vom Bemühen um eine innere Gestaltung.
Im ersten Fall will man die Anerkennung in der Welt, im zweiten sucht man den Kampf um persönliche Reife. Soll eine Übung dem Weg dienen, muß sie auf die erste Haltung verzichten. Darin liegt der Unterschied zwischen Budo und Sport. An der primären Entscheidung, welchem Zweck die Übung dienen soll, und nicht in der Formübung selbst scheiden sich die Wege. Auf beiden Wegen ist es die selbe Form, der Unterschied liegt allein in der Absicht: Will der Mensch die Form, um mit ihr zu gelten, oder übt er sie, um selbst zu wachsen? Richtet er seine Blicke auf die Welt oder in sein Inneres? Der Inhalt, der Sinn und das Ergebnis seiner Übung hängen von dieser Entscheidung ab.
Budo entwickelte sich als Weg aus dem rein kriegerischen orientierten Bujitsu. Dessen Lehrer erkannten, dass im Üben von technischen Fertigkeiten, die allein dem Töten dienen, kein Sinn und kein menschlicher Wert liegen. Dadurch veränderten sich die Ziele ihrer Übungen, und sie richteten das Schwert nicht mehr gegen den Gegner, sondern gegen sich selbst. Somit war der Feind nicht mehr auf dem Schlachtfeld, sondern im eigenen Innern. Dank dieser Erkenntnis wandten sich viele Meister der japanischen Kriegskünste im 16.Jahrhundert vom Kampf ab und formulierten ein neues Prinzip, das nicht das Töten, sondern das Leben lehrt.
Die Graduierungen im Budo enden für einen lebenden Menschen mit dem 10.Dan. Er bezeichnet das Höchstmaß an möglichster Perfektion für einen lebenden Menschen. Erst nach dem Tod können der elfte und zwölfte Dan verliehen werden. Diese sind die Bestätigung für den Meister als Ideal und das Fortbestehen seines Systems, symbolisch für absolute Vollkommenheit. Der lebende Meister erfährt immer neue Erfahrungen und Werte im Leben und ist bestrebt auf dem Weg des Meisters als Ideal zu bleiben.
Seine Aufgabe ist es, die Schritte seines Schülers zu überwachen und ihn dahin zu führen, dass er seinen eigenen Weg findet, ohne von seinem Weg abzukommen. Ist der Schüler gewillt über das übliche Formlernen hinauszugehen, ist er auf die Führung eines Weglehrers angewiesen. Ihm muß bewußt werden, dass er sportliche oder gesellschaftliche Erfolge dabei in den Hintergrund stellt. Sei es nicht der Fall, ist es für ihn ausreichend einen Trainer zu finden, der ihm die Technik ohne jeglichen Hintergrund lehrt.
In den Budo-Künsten gibt es ein spezielles Graduierungssystem, welches sich Kyudan nennt. Es unterteilt sich in die KYU-Systeme der Schüler (Mudansha) und in die Dan-Graduierung der Schwarzgurte (Yudansha und Kodansha). Im Laufe der Zeit entwickelte sich eine natürliche Graduierungspyramide, die zur Weitergabe der Lehre notwendig und für die Verhaltensübung der Schüler unerläßlich war und immer noch ist.
Der Fuß der Pyramide bilden die Schüler (Deshi). Diese erste Stufe im Budo ist die Basis jeder weiteren Entwicklung. Darin beschäftigt man sich mit den grundlegenden Sachen der Kampfkunst. Man bekommt zunächst die Form beigebracht und somit die innere Haltung, die notwendig für die eigentliche Weglehre ist.
Zu Beginn legt man, in technischer Sicht mehr Wert auf Quantität als auf Qualität. Der Schüler muß lernen seinem Sempai zu vertrauen und sich an ihm zu orientieren. Der Sempai ist das Bindeglied zwischen der eigentliche Lehre des Budo und den Schülern. In dieser Stufe zeigt es sich, wer bereit ist nicht nur die Technik zu erlernen, sondern auch die rechte Haltung, d.h. zu dienen, zu opfern und zu dulden. Hier wird die Spreu vom Weizen getrennt.
Hat der Schüler alle Stufen des Kyu-Systems hinter sich gebracht, ist er berechtigt und verpflichtet den Schwarzen-Gürtel zu tragen.
Viele verwechseln den Shodan mit dem Erreichen des Optimums in der Kampfkunst. Doch im Grunde heißt es nur, dass man die technischen Grundlagen gemeistert und sein inneres Potential so weit entwickelt hat, um den Geist des Budo erfahren zu können. Nun beginnen die ersten Auseinandersetzungen mit dem Weg (Do). Der Träger des Shodan weiß zwar, dass es einen Weg hinter der rein technischen Form gibt, doch er weiß nicht um das Wie des Weges. Im Laufe der Zeit, welches sich parallel in den Dan-Graden ausdrückt, entwickelt sich die innere Haltung des Übenden immer mehr zum Weg hin und er ist entschlossen den Weg der Kampfkünste bis an sein Lebensende zu gehen. Der technische Teil wird hierbei nicht vernachlässigt. Mit Erreichen des 5.Dan beginnt die Stufe des Experten in der Technik. Außerdem ist für diese Stufe nicht nur eine konsequente Budo-Erfahrung, sondern auch Lebenserfahrung vorausgesetzt.
An der Spitze der Pyramide stehen die Renshi (5. und 6.Dan) und der Kyoshi (7. und 8.Dan). Ihnen spricht man so viel geistige Reife zu, dass sie sich mit den Zusammenhängen der Weglehre befassen können und befähigt sind, Schüler in die Geheimnisse des Weges einzuweihen.
Der Hanshi (9. und 10.Dan) steht außerhalb der Pyramide und initiiert die Erfahrenen zum letzten Schritt.
Der Ort an dem die Kampfkünste geübt werden, nennt man Dojo (Do=Weg; Jo=Ort). Dojo heißt soviel wie der Ort, an dem der Weg geübt wird. Man sollte das Dojo als keinen normalen Trainingsraum bezeichnen, sondern als einen heiligen Ort, den man auch Raum der Erleuchtung nennt.
Für jeden der sich ernsthaft mit der Kampfkunst und dem Do auseinandersetzt, ist das Dojo auch heute noch eine Stätte der Meditation und Konzentration, ein geehrter Ort des Lernens, der Brüderlichkeit, der Freundschaft und des gegenseitigen Respekts. Betritt der Schüler das Dojo, läßt er die Probleme des Alltags vor der Tür zurück. Man muß den Geist reinigen, ansonsten ist die Übung im Dojo nichts weiter als Sport.
In fast allen Budo-Künsten trägt man eine spezielle Kleidung (Kimono).
Diese besteht aus einer Jacke (Uwagi) und Hose (Zubon), die meist aus weißem Stoff gefertigt sind, sowie einem Gürtel (Obi). Die weiße Farbe des Gi steht auch heute noch für Reinheit (Makoto) und ist somit auch nicht bedeutungslos, weil in einem Dojo alle Menschen gleich sind, unabhängig von ihrer gesellschaftlichen Stellung. Daher sollte man seinen Gi auch nicht durch sämtliche Abzeichen und Aufnäher verunstalten.
Im Budo gibt es traditionelle Grüße (REI) die auf den Respekt vor den Vorfahren und den Göttern beruhen. Der Begriff Rei leitet sich von Keirei (Gruß, Verbeugung) und Reigi (Etikette, Häflichkeit, Verhalten) ab. Er ist bei allen Budo-Künsten von erstrangiger Bedeutung. Er drückt Höflichkeit, Respekt und Aufrichtigkeit aus. Zu Beginn und am Ende jeder Kata steht die Verbeugung. Der Übende übt sich in der Achtung gegenüber etwas, das höher ist als er selbst, welche ist wichtig für den Geist des Budo.
Bevor man das Dojo betritt oder verläßt, verbeugt man sich, um sein Ich vor der Tür zu lassen, damit man eine Atmosphäre schafft, in der man am besten lernen kann. Je nachdem, welchem Zweck der Gruß dienen soll, gibt es folgende Arten:
SHÕMEN NI REI - Verbeugung zur Vorderseite
SENSEI NI REI - Verbeugung zum Meister
SHIHAN NI REI - Verbeugung zum Großmeister
OTOGAI NI REI - Verbeugung zueinander
SEMPAI NI REI - Verbeugung zum Senior (Älteren)
ZA-REI - Gruß im Sitzen
RITSU-REI - Gruß im Stehen